Betriebsbuchauszüge von V 100 2097 und V 100 2319

212 097 und 212 319 am späten Abend des 15.08.1995 vor dem Schuppen in Steinbeck zusammen auf einem Bild .
212 097 und 212 319 am späten Abend des 15.08.1995 vor dem Schuppen in Steinbeck zusammen auf einem Bild .

Betriebsbuch?  Was hat man sich darunter vorzustellen? Sie haben ein Stammbuch Ihrer Familie?

Dann sind Sie schon nahe dran!

 

Mit dem Bau bzw. der Fertigstellung und Ablieferung einer Lokomotive wird ein Betriebsbuch erstellt, welches die Lokomotive während ihres Daseins als Arbeitsgerät begleitet. Das Betriebsbuch ist dabei in der beheimatenden Dienststelle hinterlegt und wird gegebenenfalls mit entsprechenden Ergänzungen, Neuerungen und Austauschseiten auf dem neuesten Stand gehalten. Bei anstehenden Hauptuntersuchungen der Lok wird das Betriebsbuch mit der Lokomotive zum für die Unterhaltung der Lok zuständigen Ausbesserungswerk versandt, damit entsprechend durchzuführende Arbeiten und Änderungen nachgehalten werden.

 

Warum ich, obgleich ich quasi in Reichweite der Bücher gesessen habe, nur Kopien von zwei Lokomotiven gemacht habe, wird für immer im Dunkel der Geschichte bleiben. Den Mantel der Selben werde ich allerdings nun über die Seiten der 212 097 und 212 319 hinfort ziehen und anhand dieser Blätter einen kleinen Überblick über den Aufbau eines solchen Betriebsbuchs und dem Daseinsverlauf der beiden Lok geben.

 

Und damit das nicht zu trocken wird, sind natürlich ein paar Bilder der beiden Protagonistinnen mit unter gestreut, damit auch für den nur leicht interessierten Betrachter etwas dabei ist. Weitere solche Papiere habe ich nicht in meinem Fundus, weswegen ich hier auch gleich alles eingestellt habe, um Nachfragen direkt beantwortet zu haben. ;-)

Umsetzen für die Werkstatt: 212 097 im Vorfeld des Bw Wuppertal, Betriebsteil Steinbeck, 02.10.71. Foto Ulrich Budde

Die Lok steht kurz vor einer U2 (Untersuchung Aufarbeitungsstufe 2) welche vom 29.11.1971 bis zum 14.12.1971 im Aw Bremen durchgeführt wird.

Dabei werden neben einer Bremsuntersuchung B3 alle Hauptbauteile (Fahrdiesel, Hilfsdiesel, Getriebe, Drehgestelle, Gelenkwellen und Heizkessel) getauscht. Alles gut für die nächsten sechs Jahre?

Aufbau eines Betriebsbuchs

 

05.01.2017 - Noch´n Nachtrag:

 

Nachdem ich am 12.11.2016 schon eine Seite über das Führen eines Betriebsbuches eingestellt habe, fiel mir nun die entsprechende Seite für Brennkraftschienenfahrzeuge in die Hände, welche die entsprechenden textstellen viel besser zu unterstützen weiß

Ergänung vom 12.11.2016:

 

Natürlich gibt es für die Betriebsbücher auch eine entsprechende Vorschrift, beziehungsweise eine Anweisung. Aus der DV991 21 ist hier links die "Anwesiung für die Führung des Betriebsbuches" zu sehen.

 

Aufgefunden habe ich sehr erst nachträglich in meinem Ordner über die ETA150. Deshalb ist hier auch das ein oder andere Hauptbauteil erwähnt, welches man bei einer V100 eher nicht erwarten würde. Dennoch sind die grundsätzlichen Punkte natürlich auch auf die im Folgenden beschriebenen Gegebenheiten anwendbar.

Der Stamm des Betriebsbuchs beinhaltet zunächst den "Abnahmebericht" des Herstellerwerks. Diese Werkseitige Abnahme wurde durch einen Beamten des zuständigen Abnahmeamtes begleitet und diente der Feststellung irgendwelcher Fehler während des Baus der Lokomotive und endete, nach eventueller Mängelbehebung, mit der Übergabe der Lok an den Auftraggeber.

 

Im Folgenden die beiden Abnahmeberichte der Maschinenbau Kiel GmbH, kurz MaK, für V100 2097 und V100 2319.

Nach der Übergabe des neuen Spielzeugs an den Auftraggeber, in diesen Fällen der Deutschen Bundesbahn, worauf sich übrigens alle Angaben hier auf den V100 Seiten beziehen, erfolgte die genaue Überprüfung der Lok durch das zur Abnahme bestimmte Ausbesserungswerk. Für die Lokfamilie der V100 waren dies die beiden Aw Nürnberg und Bremen.

 

Hier wurde nun das sogenannte "Abnahmeprotokoll", bei dem alle wesentlichen Merkmale der fabrikneuen Lok, nebst festgestellter Mängel, sowie dem Abnahmedatum und der ersten Dienststelle vermerkt sind, erstellt. Ein Bericht über die erfolgte Abnahmefahrt und deren Details wie erreichter Geschwindigkeit, Belastungen und Distanzen gehört dazu. Ebenfalls in diesem Stamm werden entsprechende Listen beigefügt und nachgetragen, in denen "Standort und Leistungen" sowie die Zuführungen zu den Ausbesserungs- und anderen Werkstätten in "Ausgeführte Arbeiten; Beobachtungen" der Lok vermerkt sind. Im Laufe der Betriebsjahre erfolgte "Bauartänderungen" oder besondere Einbauten, zum Beispiel eine Zugbahnfunkanlage finden sich dort ebenso vermerkt.

 

In der Sekundärliteratur kommt es oftmals zu Irritationen bezüglich der jeweiligen Abnahmedaten. So werden die Daten der Herstellerabnahme, das Datum der Abnahme im prüfenden Ausbesserungswerk oder auch das der Zuweisung zum ersten Bahnbetriebswerk angegeben, was zumeist ohne genaue Quellenangaben dann gelegentlich zu Ungenauigkeiten führen kann.

Es bleibt allerdings die Frage, ob denn im Freizeitbereich die exakte Angabe dieser im Betrieb des Fahrzeugs rechtlich durchaus relevanten Daten notwendig sein muß. Da man nun aber angefangen hat, kann man es auch zu Ende führen. Im Kapitel über den Gesamtbestand finden sich für die betrachteten Lok aus Wuppertal, soweit bekannt, alle Daten, wobei bestimmte Punkte noch der Nachprüfung harren.

Auch hier folgen nun die entsprechenden Seiten der Abnahmeprotokolle der beiden Lok.

Ist die V100 2097 mit dem Datum vom 14.05.1964 eine "gebürtige" Wuppertalerin, so wurde die zwei Jahre "jüngere Schwester" V100 2319 am 10.05.1966 dem Bahnbetriebswerk Düren zugeteilt.

Alles Gute auf dem weiteren Lebensweg . . . wird dann auf dem Beiblatt zu "Standort und Leistungen" aufgeführt.

Im Detail sind dies wohl die interessantesten Angaben für die Statistikfreunde, finden sich dort doch die jeweiligen Heimatbahnbetriebswerke, die Auflistung der Hauptuntersuchungen, sowie die zwischen diesen HU erbrachten Laufleistungen.

 

Beide hier gezeigte Maschinen zeichnen sich durch eine hohe Standorttreue aus. Die 212 097 war trotz der Umbeheimatung nach Köln zum 30. / 31.05.1987 eigentlich immer im selben "Sprengel" unterwegs. Da sie neben ihren beiden Nummernnachbarinnen 212 096 und 212 098 ebenfalls seit Juli bzw. August 1984 mit zusätzlichem Rangierfunk ausgerüstet war, nahmen sie zur Umbeheimatung gleich "ihre Leistungen" , den Güterverkehr im Raum Wuppertal, Remscheid, Solingen, Opladen, mit nach Köln. Im Kapitel Gesamtbestand wird es dazu noch Anmerkungen geben.

 

Auch die V100 2319 hat eigentlich nur einen Heimatwechsel, eben den von Düren nach Wuppertal Steinbeck am 16./17.12.1968 zu verzeichnen. In den knapp anderthalb Jahren nach Ablieferung brachte sie es in Düren auf 199 000km. Sie verblieb in Wuppertal bis zur Auflösung des Betriebswerk Wuppertal und dessen Angliederung als Bw-Außenstelle an das Bahnbetriebswerk Köln 2 (Deutzerfeld). Sie zählte dabei zu den Lok die weiterhin in Wuppertal gewartet und eingesetzt wurden, also nur eine "Deckadresse" erhalten haben.

 

Warum die Qualität der unten zu sehenden Aufschreibungen so urplötzlich nach dem Fortgang aus Wuppertal abreißt, darüber mag ein jeder selbst spekulieren. Die Kopien sind im August 1995 entstanden.

So wirklich gut wird die U2 (siehe zweite Bildunterschrift) nicht gewesen sein, denn bereits einen guten Monat später, am 17.01.1972 wurde im Mutter-Bw Hagen Eckesey das Getriebe erneut getauscht. Einen weiteren Monat später, am 14.02.1972 mussten dann die Drehgestelle, ebenfalls im Betriebswerk Eckesey, getauscht werden. Am 30.04.72 jedenfalls wurde eigentlich ein Dampfzug erwartet, die 212 097 mit P3971 in Wuppertal Rauenthal kam dann nur als Beifang auf den Film. Foto Ulrich Budde

Weiter nun mit den erwähnten Werkstattaufenthalten. Bei diesen sind nur solche Arbeiten aufzuführen und in den Blättern "Ausgeführte Arbeiten; Beobachtungen" nachzuhalten, welche in den Ausbesserungswerken bzw. Mutter - oder Heimatbahnbetriebswerken im Rahmen von Großteiletausch oder sonstigen Änderungen durchgeführt werden. Regelmäßige Fristen zwischen den Hauptuntersuchungen werden nicht im Betriebsbuch nachgehalten.

 

Für Wuppertal Steinbeck war im Übrigen Hagen Eckesey das sogenannte Mutter-Bw, welches zunächst in der Lage war alle Großteile bzw. Hauptbauteile tauschen zu können.  Bis auf den Fahrdieseltausch (es fehlten baubedingt knappe 10 cm an der freien Höhe am Kran) konnte und wurde jedoch auch in der Steinbecker Werkstatt Hauptbauteile an den Lok getauscht.

 

Hauptbauteile, bei einer Diesellokomotive der Baureihen 211 bis 213 waren dies unter anderem der Fahrdiesel, das Getriebe, der Heizkessel und die Drehgestelle, weisen eigene Teilakten auf, welche in das Betriebsbuch eingeheftet werden können. Das heißt, wenn der Fahrdiesel oder die Triebdrehgestelle getauscht werden, entnimt man die Teilhefte der jeweiligen Bauteile und ersetzt sie durch die der eingebauten Hauptbauteile. Außerdem besitzen diese Teile eigene besonders überwachte Fristkilometer und "springen" somit durchaus zwischen den großen Hauptuntersuchungen zwischen den Lok hin und her.

 

Unten die Blätter "Ausgeführte Arbeiten; Beobachtungen" von 212 097, sowie mein einziges Blatt für einen Fahrdiesel, den 835 306. Leider weist auch dieses Blatt "Kölsche Lebensart" auf und reizt die Phantasie mit Geheimnissen. Allerdings ist es höchst interessant seinen Weg durch die Lokomotiven zu verfolgen und auch dabei wieder auf fünf zumindest zeitweise Wuppertalerinnen zu stoßen.

 

Welche Veränderungen um den Aufnahmetag (05.04.82) herum gab es, als Ulrich Budde 212 097 mit Ng79460 nach HKM in Duisburg Wanheimerort fotografierte?

Am 24.04 1981 wurden fristgemäß die Triebgestelle und Gelenkwellen getauscht. Zwei Monate später wurde ebenfalls im Heimat-Bw eine Zeitfristverlängerung um weitere zwei Jahre geprüft und wegen "gutem Zustand des Ziehungsgerätes" auch genehmigt. Nach der unten zu sehenden Aufnahme wurde dann zum 11.05.1982 in Wuppertal der Heizkessel getauscht.

Ein Bild aus dem Bahnhof Langenberg mit 212 319 und dem P5910 nach Haltern am 09.04.89. Das Foto von Ulrich Budde ist auch deshalb interessant, weil zum folgenden Fahrplanwechsel am 27./28.5.1989 die Wuppertaler 212 ihre Züge auf der N9-Strecke Wuppertal-Essen-Haltern an Oberhausener 216 abgeben mussten. (Details später unter einzelne Linien genauer betrachtet) Sie verloren damit die kilometerintensivsten Leistungen, die sie zu den "Bundesiegern" ihrer Klasse machten und neun Maschinen mussten Wuppertal verlassen und wurden zum Bw Köln 1 (7) sowie Krefeld (2) umbeheimatet.

 

Unten die Blätter "Ausgeführte Arbeiten; Beobachtungen" von 212 319.

"Bauartänderungen"

Nichts ist so gut, das es nicht noch verbessert werden könnte. Dies trifft natürlich auf alle Lokomotiven und somit auch auf die Handhabung in dieser amtlichen Unterlage zu.

 

Während der langen Beschaffung der V100-Familie (1958 bis 1966) kam es im Zuge der technischen Weiterentwicklung zu Bauartänderungen und auch individuellen Umbauten an einzelnen Lokomotiven. Zu den alle Fahrzeuge umfassende Verbesserungen zählten u.a. die Ausrüstung mit Zugbahnfunk, Verbesserungen an der SIfa (Zeitintervallverkürzung), der Einbau von Thermogeräten auf dem Führerstand oder auch die Änderung der Vorheiztemperatur des Kühlwasser.

 

Hier die Seiten "Bauartänderungen"  von beiden Lokomotiven.

Damit ist die sehr intime Einsichtnahme in den Daseinsverlauf der gezeigten Lokomotiven am Ende und im Bild unten rücken sie am frühen Morgen des 16.08.1995 in das Ausbesserungswerk Stendal ein. Die am 16.02.1995 vorübergehend wegen eines Kabelbrandes z-gestellte 212 319 musste von 212 097 den Weg von Steinbeck aus geschleppt werden. Trotz dieser Schäden kam 212 319 danach hauptuntersucht und frisch lackiert in der Bw-Ast Wuppertal wieder in Dienst.

Hier geht es dann zum nächsten Kapitel:

 

Technische Beschreibungen und Erklärungen

Bei auftretenden Fragen oder auch interessanten Anmerkungen besteht über einen Eintrag im Gästebuch oder eine Mail an

 

mail ät vauhundert.de

 

eine einfach Kontaktmöglichkeit.